Wir möchten Ihnen einige neue Rechtsprechungen und Rechtsvorschriften vorstellen, die in den letzten Monaten in Kraft getreten sind oder diskutiert wurden. Wir werden Sie in den kommenden Monaten über weitere Änderungen auf dem Laufenden halten.
Änderungen bei den Informationspflichten der auf dem Kapitalmarkt tätigen Personen
Ab dem 1. Juni 2020 müssen Wertpapierhändler (die keine Bank oder Zweigstelle einer ausländischen Bank sind) und Zweigstellen ausländischer Wertpapierdienstleister, die zur Erbringung von Wertpapierdienstleistungen in der Tschechischen Republik zugelassen sind, nur noch zwei Meldungen gemäß § 5 Abs. 2 der Verordnung über Informationspflichten bestimmter Personen auf dem Kapitalmarkt abgeben. Diese Änderung wird durch eine Novelle der Verordnung eingeführt, die kürzlich in der Gesetzessammlung unter der Nummer 327/2019 Slg. veröffentlicht wurde. Die Informationspflicht nach § 5 Absatz 1 der Verordnung bleibt unverändert. Nach der Änderung müssen die betroffenen Unternehmen FIN (IND) 01-12 „Finanzinformationen“ (FINREP auf individueller Basis) und OCP (CNB) 48-04 „Organisationsstruktur und qualifizierte Personen“ vorlegen. In der Erklärung FIN (IND) 01-12 werden die Unternehmen Informationen über ihre Finanzlage und eine Zusammenfassung der Erträge und Aufwendungen und des Buchgewinns sowie beispielsweise zusätzliche Informationen zur Bilanz vorlegen.
Verstoß gegen die Regeln für die Vertretung des im Handelsregister eingetragenen Unternehmens
Ergibt sich aus dem Gesellschaftsvertrag und ist im Handelsregister eingetragen, dass zwei Geschäftsführer für die Gesellschaft handeln, so ist die Gesellschaft durch einen Vertrag, den nur einer der Geschäftsführer geschlossen hat, nicht gebunden. Die Gesellschaft ist an einen solchen Vertrag nur gebunden, wenn sie nachträglich die Wirkungen eines solchen Vertrages übernimmt, indem sie ihn unverzüglich nach Kenntnis der Überschreitung der Vertretungsmacht nachträglich genehmigt. Die nachträgliche Genehmigung ist in der Regel dem gesamten Satzungsorgan vorbehalten, kann aber auch durch Bevollmächtigte oder Beauftragte erteilt werden. Eine ergänzende Genehmigung kann nach der Rechtsprechung auch dann vorliegen, wenn die Gesellschaft vertragsgemäß handelt, indem sie insbesondere mit der Erfüllung ihrer vertraglichen Verpflichtungen beginnt. Liegt keine ergänzende Genehmigung vor, ist der Geschäftsführer, der seine Vertretungsbefugnis überschritten hat, unmittelbar an einen solchen Vertrag gebunden, und die andere Partei kann von ihm Erfüllung verlangen, wenn er nachweist, dass er bei Vertragsabschluss in gutem Glauben davon ausging, dass nur ein Geschäftsführer für die Gesellschaft tätig ist. Der Oberste Gerichtshof betont auch, dass zwischen den Fällen einer nachträglichen Genehmigung des Vertrags und einer Situation zu unterscheiden ist, in der alle Mitglieder des satzungsmäßigen Organs den Vertrag nacheinander unterzeichnen - in einem solchen Fall wird der Vertrag mit der Unterschrift des letzten Mitglieds des satzungsmäßigen Organs, dessen Zustimmung erforderlich ist, wirksam.
Aus der Rechtsprechung
Kontroverse
Der Oberste Verwaltungsgerichtshof (OGH) hat in seiner Entscheidung vom 29. August 2019, Nr. 29 ICdo 149/2017-370, entschieden, dass ein Verstoß gegen die Sorgfaltspflicht (in Bezug auf eine vom Schuldner erhaltene Leistung - nämlich eine Darlehensrückzahlung -, die im Rahmen des gewöhnlichen Geschäftsverkehrs erbracht wird) nicht aus dem bloßen Recht der Bank abgeleitet werden kann, vom Darlehensnehmer Unterlagen anzufordern, um seine aktuellen finanziellen Verhältnisse auch im Laufe des Darlehensverhältnisses zu ermitteln. Nach Ansicht des Obersten Verwaltungsgerichts das Erfordernis der Sorgfaltspflicht, wenn die Bank von diesem Recht Gebrauch macht ohne unangemessene Verzögerung nachdem die Bank im normalen Verlauf der Kreditbeziehung festgestellt hat (egal wie), dass Tatsachen vorliegen, die auf eine Verschlechterung der wirtschaftlichen Lage des Kreditnehmers hindeuten.
Formale Ausübung der Funktion des Geschäftsführers der s.r.o.
Der Oberste Gerichtshof kam in seinem Beschluss vom 18. September 2019, Rechtssache Nr. 27 Cdo 844/2018, zu folgendem Schluss wenn der Geschäftsführer seine Position nur formell innehat (d. h., dass er sie nicht tatsächlich ausübt und die Erfüllung der Aufgaben des Satzungsorgans ohne weiteres dem anderen Geschäftsführer oder den Angestellten der Gesellschaft überlässt, noch die Leitung der Gesellschaft und die Verwaltung ihrer Angelegenheiten kontrolliert), kann man in der Regel nur zu dem Schluss kommen, dass er nicht mit der gebotenen Sorgfalt gehandelt hat.
Steuerbefreite Veräußerung von Aktien, die durch steuerbefreite Dividendenzahlungen bezahlt wurden, ist ein Rechtsmissbrauch
Am 14. November 2019 erließ der Oberste Verwaltungsgerichtshof (SAC) ein Urteil (Nr. 6 Afs 376/2018-46), in dem er zu dem Schluss kam, dass ein steuerbefreiter Verkauf von Aktien, der durch eine steuerbefreite Dividendenzahlung bezahlt wurde, rechtsmissbräuchlich ist, da eine solche Transaktion keine andere wirtschaftliche Rechtfertigung hat als die Erlangung eines unrechtmäßigen Steuervorteils. Der Oberste Rat erkannte zwar an, dass der Verkauf in Übereinstimmung mit dem Gesetz erfolgt war, hielt es jedoch für rechtsmissbräuchlich, sich durch die Zahlung des Kaufpreises einen Steuervorteil zu verschaffen. In Anbetracht dessen akzeptierte das SAC die Art und Weise, in der das Finanzamt später bei der Veranlagung der Quellensteuer bei der Tochtergesellschaft - dem Verkäufer - vorging.
Der für die Verarbeitung Verantwortliche muss die betroffene Person für das Bekanntwerden ihres Passworts bezahlen
Im vergangenen Jahr wurde der Online-Shop Mall.cz zu einer Geldstrafe in Höhe von 1.500.000 CZK verurteilt, weil er die persönlichen Daten seiner Nutzer, einschließlich ihrer Passwörter, nicht ordnungsgemäß gesichert hatte, die dann auf einer bestimmten Website zum Download angeboten wurden. Das Stadtgericht Prag (MSP) als Berufungsgericht hat nun in einem Urteil vom 29. August 2019 einem der Opfer, dessen personenbezogene Daten auf diese Weise durchsickerten, den Betrag von 10.000 CZK als Entschädigung für die Verletzung seines Rechts auf informationelle Selbstbestimmung zugesprochen. Der Kläger forderte 125.000 CZK als Schadensersatz wegen Verletzung der Privatsphäre. Das Gericht erster Instanz sprach ihm davon nur 10 000 CZK zu. Das MSP bestätigte den zugesprochenen Betrag, nicht weil der Kläger einen Schaden dadurch erlitten hatte, dass er seine Passwörter ändern musste (er hatte das durchgesickerte Passwort für andere Dienste verwendet), sondern gerade wegen der Verletzung seines Rechts auf informationelle Selbstbestimmung, da der Kläger selbst entscheiden konnte, wem und wie er Informationen aus seiner Privatsphäre zur Verfügung stellt. Mall.cz respektiert nach eigenen Angaben das MSP-Urteil. Es ist daher zu erwarten, dass andere Opfer in Zukunft ähnliche Ansprüche geltend machen werden. Die bevorstehende Einführung von Sammelklagen könnte die Situation in Zukunft noch verschärfen.
Anforderungen an die Rechtfertigung von Entscheidungen des Obersten Gerichtshofs
In seiner Entscheidung vom 30. Oktober 2019, Az. II ÚS 1852/2019, kam der Verfassungsgerichtshof (ÚS) zu dem Schluss, dass, wenn eine Beschwerde beim Obersten Gerichtshof mit der Begründung eingereicht wird, dass es sich um eine Rechtsfrage handelt, die in seiner Rechtsprechung noch nicht geklärt ist, es eine Verletzung des Rechtsschutzes des Beschwerdeführers darstellt, wenn der Oberste Gerichtshof (OGH) in seiner Entscheidung keine eigene rechtliche Bewertung der Angelegenheit vornimmt und sich darauf beschränkt, Fachliteratur oder Entscheidungen des Verfassungsgerichtshofs zu zitieren. Die in der Literatur vertretenen Auffassungen können nach Ansicht des VfGH nur dazu dienen, die eigene rechtliche Argumentation des OGH zu untermauern. Durch den Verweis auf die Entschließung des Verfassungsgerichtshofs kann der OGH allenfalls beweisen, dass seine Auslegung nicht verfassungswidrig ist, wie es die Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofs vorsieht, da die Entschließung des Verfassungsgerichtshofs in der Regel nichts darüber aussagt, ob eine bestimmte Auslegung sachlich richtig ist, und diese Auslegung daher in den Händen des OGH liegt.
Umgang zwischen dem Kind und dem nicht sorgeberechtigten Elternteil während der Arbeitswoche
Der Verfassungsgerichtshof (VfGH) hat in seinem Urteil vom 2. Dezember 2019, Az. II. PS 4189/18, entschieden, dass der Umgang des Kindes mit dem nicht sorgeberechtigten Elternteil auch während der Arbeitswoche stattfindet, ist grundsätzlich in seinem besten Interesse. Das Verfassungsgericht betont, dass bei der Entscheidung über den Umgang des Kindes mit dem nicht sorgeberechtigten Elternteil von der Regel auszugehen ist, dass beide Elternteile grundsätzlich zu gleichen Teilen an der Pflege und Erziehung des Kindes beteiligt sein sollen. Der Umgang mit den Sorgen und Freuden des täglichen Lebens trägt zur Vertiefung der Beziehung und zur Stärkung der Bindung zwischen Elternteil und Kind bei. Zu berücksichtigen sind insbesondere die Entfernung zwischen den Wohnsitzen der beiden Elternteile, die Entfernung ihrer Wohnsitze von der Schule und den Freizeitaktivitäten des Kindes sowie die Unterstützung dieser Aktivitäten durch die Eltern. In Bezug auf die Freizeitgestaltung ist jedoch zu betonen, dass diese nicht von vornherein einseitig von dem Elternteil bestimmt werden sollte, dem das Kind anvertraut ist, da neben der Freiheit des Kindes auch die elterliche Verantwortung beider Elternteile betroffen ist und nicht nur die des Elternteils, der das Sorgerecht für das Kind hat. Andererseits können die Uneinigkeit des sorgeberechtigten Elternteils und das Alter des Kindes nicht ausschlaggebend sein, ohne andere Umstände zu berücksichtigen. Das Verfassungsgericht ist sich bewusst, dass die besonderen Umstände des Falles und das Wohl des einzelnen Kindes müssen immer berücksichtigt werden; Die allgemeinen Gerichte müssen jedoch angemessene Gründe für ein Abweichen von diesen Regeln angeben.